Das Tagebuch der Anne Frank
Anne Franks Tagebuch ist seit seiner Veröffentlichung im Jahr 1950 zur einem Stück Weltliteratur geworden und seine Autorin zur Ikone. In der einstündigen Inszenierung von Patric Seibert wird Annes Lebenswelt im »Hinterhaus« durch Musik neu erfahrbar gemacht, denn trotz der schwierigen Umstände, unter denen die Familie Frank in ihrem Versteck leben musste, bewahrt sich Anne ihre Hoffnung, ihren Humor und ihre Liebe zu den Menschen und zur Natur. Außerdem durchlebt sie in ihrem Mikrokosmos alles, womit heranwachsende Jugendliche in dem Alter konfrontiert sind: Veränderungen des Körpers, erste Liebe, Krach mit den Eltern, Frust über die Erwachsenen.
Grigori Frid, ein sowjetischer Komponist, der die Tagebuchtexte 1970 vertont hat, findet eine sehr emotionale Tonsprache in seinem Werk. Dazwischen gibt es immer wieder Passagen mit Spielszenen in denen Annes Texte so frisch wirken, als seien sie erst gestern geschrieben worden. So eröffnet das Stück gerade jungen Menschen einen besonderen Zugang zu diesem einzigartigen Zeugnis – und einer am Ende tragischen Geschichte: der letzte Eintrag im Tagebuch datiert vom August 1944, Anne und ihre Schwester Margot werden danach in Konzentrationslager gesteckt, wo sie im März 1945 an den unmenschlichen Bedingungen sterben.
Aus dem Programmheft:
»Eigentlich ist die Jugend viel, viel einsamer als das Alter. Die Alten haben ihre Ansichten und brauchen nicht zu schwanken, denn sie wissen, wo’s lang geht im Leben. Für uns junge Menschen ist es doppelt schwer, unsere Meinung zu behaupten in solchen Zeiten, in denen alle Ideale zerbrechen, in denen Menschen wieder zweifeln an Wahrheit, an Gerechtigkeit, an Gott!«
Anne Frank ist 15 Jahre alt, als sie diese Gedanken am 15. Juli 1944 in ihr Tagebuch notiert. Mit ihrer Familie und Freunden ihrer Eltern lebt sie versteckt vor den deutschen Besatzern im Hinterhaus der Firma ihres Vaters in Amsterdam. Doch das Versteck wird entdeckt. Anne und ihre Schwester Margot kommen im Februar/März 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ums Leben, ihre Mutter Edith wird in Auschwitz-Birkenau ermordet, wo nur der Vater Otto die Befreiung erlebt.
Grigori Frid komponierte auf die Tagebuchtexte von Anne Frank eine eindrucksvolle Oper für eine Sängerin. Sein Werk lotet viele Aspekte von Annes Lebens- und Gefühlswelt aus und lässt unmittelbare Nähe zu. Ergänzt wird die Oper durch Texte von Paul Celan und Musik von Danger Dan.

